Sonntag, 28. Oktober 2019
Leaving Egypt – Ägypten verlassen
Eigentlich hätte ich ausschlafen können, doch um halb sechs Uhr morgens bin ich hellwach und fühle mich frisch und munter. Ich beschliesse, mir noch einmal den ägyptischen Sonnenaufgang reinzuziehen. Ich habe genug Zeit, mache mir einen Kaffee und setze mich auf den Balkon mit Sicht auf die Pyramide. Der Himmel über Kairo wird rötlich. Irgendwie ist er anders als alle Sonnenaufgänge die ich kenne. Ich klettere über das Geländer meines Parterrezimmer auf den perfekt gepflegten Rasen. Die Hochzeitsbühne ist schon fast ganz abgebaut und alles Mobiliar weggeräumt. Die haben wohl die ganze Nacht durchgearbeitet. Ich knipse wie wild ein Foto nach dem anderen. Will diesen Moment und die ganze Reise fest in mir abspeichern.
Gestern, nach dem Pyramiden Besuch, hatte ich keine Gelegenheit, den anderen von den Botschaften zu erzählen. Während ich fotografiere und meine Gedanken bei all den mystischen und magischen Momenten weilen, fühle ich mich inspiriert, die erhaltenen Botschaften jedem einzelnen zu überreichen. Ich hatte kleine farbige Kärtchen mit passenden Briefumschlägen und Farbstifte eingepackt. Als die Sonne den Tag ganz erhellte, ging ich zurück aufs Zimmer und schrieb für meine KollegInnen die für sie erhaltene Botschaft nieder und ergänzte ein paar eigene Worte dazu. Den Abschlusszirkel würden wir am Nachmittag haben, da würde ich die Botschaften weiter geben.
Unser letzter gemeinsamer Ausflug führte uns nach dem Brunch zu einem Parfum und Duftessenzen Hersteller. Es fliegen uns eine ganze Reihe Düfte entgegen, als wir das mehrstöckige Geschäft betreten. Wir werden vom Patron höchst persönlich empfangen. Wieder kam ich als Letzte in den Salon und hatte die „Ehre“ neben dem Patron zu sitzen. Ehre in Anführungs- und Schlusszeichen, weil mir seine Energie nicht besonders bekam. Er sass erhöht auf einem Podest in seinem riesigen Bürostuhl und redet so quasi auf uns herab. Laut Aki sei diese Familie schon seit vielen Jahrzehnten Meister der Düfte und so liess ich meinen Eindruck mal im Raum stehen. Es wird uns Tee und Kaffee angeboten und uns die Kunst der Duftherstellung erklärt, gefolgt von diversen Riechproben. Auf der ausgehändigten Liste können wir ankreuzen, welcher Duft uns gefällt und wir natürlich dann kaufen werden. Frau wird echt betört durch all die verschiedenen intensiven Düfte, sodass wir nach kurzem wie benebelt sind. Ich schaue in unsere Runde, und stelle fest das S sich gar nicht wohl fühlt. Wir tauschen einen Blickkontakt aus und ich weiss, dass sie diesen Patron auch nicht besonders mag. Ehrlich gesagt, verfallen – bis auf S – alle in einen Duftkaufrausch. Die Essenzen sind auch nicht gerade billig und doch lasse ich mich zum Kauf von drei 50ml Fläschchen überreden. Kaum habe ich diese bezahlt, beobachte ich, wie der Patron mit den zwei jungen Frauen, die uns mit Tee und Kaffee bedienten, äussert schroff redet und der Einen gar einen ziemlich heftigen Schups gibt, so, dass sie zwei Schritte nach hinten macht. Ah, war meine Wahrnehmung von ihm doch richtig. Ich schwöre, hätte ich nicht bereits bezahlt gehabt, ich hätte nach dieser Szene gar nix gekauft. Später unterhielt ich mich mit S darüber. Sie wollte dort nichts kaufen. Sie sagte zu mir, sie glaube, er hätte gespürt, dass sie durch ihn hindurch sah und er habe ihr dann beim Gehen ein kleines Fläschchen geschenkt. Als sie dieses nicht annehmen wollte, sei er noch aufdringlicher geworden und habe sie mit schönen Worten überredet es mitzunehmen.
(Als ich meine Essenzen zu Hause auspackte, musste ich sie erstmal energetisch reinigen. Das hat ein paar Tage gedauert, bis ich das Gefühl hatte, sie seinen nun klar. Schlussendlich wollen ja die verwendeten Blumen und Pflanzen mir Freude bereiten und sich entfalten. Also werde ich nicht zulassen, dass sie ihre Bestimmung nicht erfüllen können, bloss weil der Patron – der diese ja im Endeffekt gar nicht berührt hat – so ein seltsamer Mensch ist.)
Wir sind nicht unglücklich wieder ins Mena House zurückzukehren und vereinbaren, uns um 15:30 Uhr zum Abschlusszirkel in der Lobby unseres Hotelflügels zu treffen. Ich beschliesse, die Zeit bis dahin zu nutzen, um meinen Koffer für die Heimreise vorzubereiten. Mein Flug ist um 3:30h morgens geplant und gemäss Akram würde ich um Mitternacht abgeholt und zum Flughafen gefahren. Da wir noch ein Abschluss Nachtessen mit einer weiteren, letzten Überraschung auf dem Programm hatten, war mein Entscheid, alles vorzubereiten gold richtig.
Da mein Zimmer im Parterre lag, entschieden wir die laute Lobby zu verlassen und den Zirkel in meinem ziemlich grossen Zimmer zu halten. Es hat so gut getan, nochmals zusammen zu meditieren und vor allem über den gestrigen Abend und den gemachten Erfahrungen in der Kings Chamber zu sprechen. Einmal mehr erweist sich ein solcher Austausch als unglaublich bereichernd. Es unterstützt die Integration der gemachten Erfahrungen und macht deutlich, dass ich mit meinen zwar ganz persönlichen, individuellen Erlebnissen doch nicht alleine bin.
Das Übergeben der Botschaften wird dann auch zum sehr emotionalen Ereignis, bestimmt auch weil es eine erste Verabschiedung ist. Ich darf in aller Ehrlichkeit sagen, dass wir als Gruppe spitzenmässig unterwegs waren. Da war vom ersten Tag an Respekt, Verständnis und so viel Freude, Gelächter, Liebe, Tränen, Umarmungen, offene Gespräche, Wau!
In ihrer Abschlussrede sagt Victoria uns unter Tränen: sie habe schon einige solcher Reisen geleitet. Doch diese sei mit Abstand die Beste, Bewegendste und Beeindruckendste die sie je hatte. Wir haben alle Tränen in den Augen.
Während der ganzen Reise ging es uns allen der Sinn für die Zeit wie abhanden. Manchmal redeten wir von einem Tempel und wussten nicht mehr, war das heute oder gestern, vorgestern? Es ist ein seltsames Gefühl, wenn sich Vergangenheit-, Gegenwart- und Zukunfts-Zeitlinien miteinander vermischen. Eben Multidimensional sind, das heisst alles findet gleichzeitig statt.
Wir müssen uns beeilen, denn die Nachtessenzeit ist da und danach die Überraschung noch. Und zwei unserer Gruppe müssen dann auch um 21:30 Uhr zum Flughafen um ihre Heimreise anzutreten. Niemand will davon sprechen 🙂
Weil wir zu spät zum Nachtessen kommen, müssen wir uns beeilen damit wir alle noch an der so geheim gehaltenen Überraschung teilnehmen können. Akram führt uns dann in den Seminarbereich des Mena House Hotel – der übrigens nochmals eine ganz andere Welt, anderes Mobiliar, andere Einrichtungen, anderes Personal hat – wir staunen nur so als wir durch diesen Hotelteil zu einem Seminarraum geführt werden. Wir kommen in den Genuss von Sufi Musik und einer Tanzgruppe, alles Männer die uns mit ihren Sufi Kleidern und dem Rhythmus ganz schön betören. Ein einzigartiges Schauspiel war das.
Wir verabschieden die ersten Beiden mit vielen Umarmungen, Glückwünschen, wir bleiben in Kontakt. Einige fliegen erst am nächsten Morgen oder gar Abend ab. Ich umarme und verabschiede mich auch bei allen und bin innerlich bereit nach Hause zu fliegen. Jedenfalls dachte ich das.
Ich werde von der Rezeption informiert, dass mein Transfertaxi mich bereits um 23:15 Uhr abhole für die Fahrt zum Flughafen. Grund: your Tour Manager changed the time. Somit bin ich um Mitternacht bereits am Flughafen und am Gate und muss bis um 4 Uhr morgens im sehr gekühlten Flughafengebäude auf meinen Flug warten. Eigentlich macht es mir nicht viel aus. Ich lege mich ein wenig hin, hol mir einen Kaffee und schreibe an meinem Blog. Die Zeit verging ziemlich schnell.
Was mit mir dann geschah, schrieb ich nach der Landung in Zürich wie folgt in unseren Egypt-Gruppenchat:
Well my dear friends!
I was fine, sad to leave you all and the land of Egypt.
I was happy to hang around for over three and a half hours at the airport.
I felt happy to board a Swiss airplane to take me home.
But the moment the plane speeded up on the runway I fell into a deep desperation, I cried, slept a little with the most strange dreams, woke and cried cried cried. I couldn’t stop sobbing ?. Oh my god I have not cried, sobbed and felt so much pain of loss since a long time.
Please my dear friends hold space for me, i obviously need to go through it to release an old pain. It was just a little annoying to my male seat nabour. And annoying for myself as Im not able to stop it. So, I ordered a whiskey, but even that didn’t help. We landed in Zurich… I’ll see how it goes from here. In a Taxi on my way home.
Love you all so much. Thank you thank you thank you ?? ??
Meine lieben Freunde!
Es ging mir gut, ich war traurig euch alle und das Land Ägypten zu verlassen.
Ich war glücklich, mehr als drei ein halb Stunden am Flughafen zu warten.
Ich fühlte mich glücklich ein Swiss Flugzeug zu besteigen, dass mich nach Hause bringt.
Doch im Augenblick als das Flugzeug auf der Rollbahn Geschwindigkeit zulegte, fiel ich in eine tiefste Verzweiflung. Ich weinte, schlief ein wenig mit den seltsamsten¹ Träumen, weinte, weinte, weinte. Ich konnte nicht aufhören mit schluchzen. Du meine Güte, ich habe schon lange nicht mehr so geweint und geschluchzt und so viel Verlustschmerz gespürt.
Bitte haltet Raum für mich, offenbar muss dieser alte Schmerz nun aus mir raus.
Für meinen männlichen Sitznachbar war es glaube ich auch nicht lustig neben mir. Und auch für mich nicht, denn ich konnte einfach nicht aufhören zu schluchzen. Ich bestellte gar einen Whiskey, doch auch der half mir nicht. In Zürich gelandet und im Taxi auf dem Heimweg.
Ich liebe euch alle so sehr. DANKE DANKE DANKE ?? ??
Heute, 20. November 2018
¹ Einer dieser seltsamen Träume bestand darin, dass vor meinem inneren Auge ein Datum erschien. Der 21. Dezember und die Worte „come back“. In einer anderen Sequenz sah ich mich mit einer eigenen Gruppe durch Ägypten reisen. Seither habe ich mehrer Stunden damit meditiert und dann den Entschluss gefasst, dem Ruf vom 21. Dezember folge zu leisten. Ich fliege für die Winter Sonnenwende wieder nach Kairo. How cool is that?! – Wie cool ist das denn?! Und ich werde für nächstes Jahr selber eine spirituelle, multidimensionale Reise anbieten.
Und wenn du bis hierher gelesen hast sage ich dir:
Vielleicht bist du dann mit dabei?! ?
Ganz toller Reisebericht.
Danke!